Sie hat die Rheinische Post über Jahrzehnte mitgeprägt und ihre Entwicklung zur Mediengruppe entscheidend gefördert. Ob als Herausgeberin der Zeitung oder als stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates, immer betonte Irene Wenderoth-Alt, was schon ihrem Vater Erich Wenderoth, dem Mitbegründer der Zeitung, wichtig war und sie als Aufgabe übernommen hatte: Meinungsfreiheit zu sichern und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gewährleisten.
Schon in jungen Jahren vom Vater mit Verantwortung für Zeitung und Verlag betraut, hatte Irene Wenderoth-Alt erfahren, wie wesentlich für die eigene Positionierung auch der Gedankenaustausch mit den leitenden Redakteurinnen und Redakteuren der Rheinischen Post sein kann. Ihre Sicht der Dinge, aber auch ihre Toleranz, geprägt auch durch ihr Studium der evangelischen Theologie, der Romanistik und Geschichte, war von einem starken sozialen Selbstverständnis bestimmt, von Weltoffenheit und breitem kulturellen Interesse. Irene Wenderoth-Alt allein als Stimme der Vernunft einzuordnen, griffe zu kurz. Daten, Fakten und Hintergründe waren für sie eine wesentliche, aber nie die einzige Grundlage für Entscheidungen. Ihre tiefe Menschlichkeit, die Fürsorge für ihre Familie, für Freunde, für Nachbarn, für ihr Umfeld, hatte Einfluss auf ihr Denken und Handeln.
Bis zuletzt suchte Irene Wenderoth-Alt den Diskurs. Sie meldete sich regelmäßig, besprach insbesondere mit ihrem Sohn Martin Ebel, der ihr als Herausgeber und stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates vor wenigen Jahren nachgefolgt ist, was sie politisch und gesellschaftlich bewegte.
Ihre Agenda war klar: Guter Journalismus informiert, klärt auf, hakt nach, bleibt dran. Wenderoth-Alt forderte zum Nachfragen auf, wollte wissen, was aus wohlfeilen Versprechen geworden ist, was schief läuft oder besser laufen könnte. Hass und Hetze, nicht nur im Netz, ließen sie besorgt um den Zusammenhalt fürchten. Extremismus jeglicher Art lehnte sie ab. Die Rheinische Post sah sie, Print wie Digital, als Bürgervertretung, gerade im Lokalen. Aufmerksamkeit forderte sie, selbst Mutter von vier Kindern, für die junge Generation.
Wir werden ihre menschliche Zugewandtheit, ihr klares Urteilsvermögen in gesellschaftlichen Fragen und ihre Tatkraft aus Überzeugung vermissen.